W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

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Bob311
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W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

Beitrag von Bob311 » Sonntag 10. März 2024, 11:41

Hallo zusammen,
ich habe schon viel gelesen und ich weiß, dass es schon einige Themen bzgl. Bremsen entlüften gibt. Auch die Bücher von Ihling und Co habe ich schon gelesen, doch so richtig komme ich nicht weiter.

Die Ausgangssituation:
Es geht um meinen 311er Bj. Ende '64. Zu Beginn war es so, dass der erste Tritt ins Bremspedal einen sehr langen Weg bis zum Druckpunkt hatte (aber dann auch normal bremste) und der zweite Tritt danach einen sehr guten, früheren Druckpunkt hatte. Die Bremsen bremsten sehr gut und auch der TÜV war mit den Werten einverstanden (und hat das Problem vermutlich gar nicht bemerkt). Ob das Phänomen schon bei Kauf des Wagens vor 4 Jahren da war oder erst nach einer Bastelei von mir (ich musste z.B. mal den Bremslichtschalter erneuern), weiß ich nicht mehr.

Dann habe ich es mit mehrfachen Entlüften versucht - mal mit der Bremspedal-Pump-Methode, später dann auch mit so einem Überdruck-Gerät. So richtig gebessert hatte es sich dadurch nicht.

neuer Hauptbremszylinder
Jetzt habe ich einen neuen Hauptbremszylinder (HBZ) (Nachbau-Teil) verbaut und damit gleichzeitig die drei Gummi-Bremsschläuche erneuert. Der HBZ hatte definitiv einen Fehler, da die Manschette vom Stößel innen sehr nass war. Nach dem Einbau habe ich natürlich wieder entlüftet. Nun ist es so, dass der Druckpunkt immer an gleicher Stelle ist (gut!), aber der Pedalweg jetzt generell sehr lang ist und das Fahrzeug tendenziell schlechter bremst. Nun weiß ich nicht so richtig weiter.

Fragen und Auffälligkeiten
- Was könnte das sein? Immer noch Luft im System? Gibt es irgendwelche Tricks beim Entlüften? Z.B. der Bremsschlauch hinten macht bei mir so einen Bogen nach oben und wieder runter. Wenn sich dort Luft sammelt, bekommt man die mit der Überdruck-Methode, wo die Flüssigkeit ja eher gleichmäßig fließt, überhaupt raus?

- Mir außerdem aufgefallen, dass bei offener Entlüfterschraube, der HBZ nach Betätigung gar nicht bzw. nur sehr langsam von alleine zurückkommt. Könnte das ein Indiz für ein Problem sein? Sind da nicht eigentlich Federn drin?

- Ich habe sowohl mit Überdruck als auch mit Pumpen entlüftet. Jetzt habe ich gelesen, dass man dies in Kombination nicht tun soll. Auch scheint in der Netzcommunity unklar zu sein, ob nagelneue HBZ ein Durchdrücken des Pedals beim Entlüften überleben oder immer noch dadurch kaputt gehen können.

- Wie macht ihr das hinten? Um die Entlüfterschraube ist es so eng, dass ich die nicht mit einem Maulschlüssel aufbekomme? Gekröpfte Ringschlüssel habe ich nicht, aber irgendwie bezweifle ich auch, dass selbst die dahinpassen würden. Aber Schlauch abziehen und dann mit der Nuss die Schraube schließen, ist natürlich schlecht. Hab dann immer geschaut, dass Überdruck drauf ist. Zugegeben ist das Entlüften sehr beschwerlich. Ich mache es in der Garage, ohne Hebebühne, nur mit Anheben des Fahrzeugs und Abnehmen der Räder.

- Weiteres Problem: Der initiale Weg, also das Spiel vom Pedal-Nullpunkt bis zum Anstoßen des HBZ-Zylinders ist beim Nachbauteil größer. Zum einen ist der Stößel ein Stück kürzer (ich habe dann den alten wiederverwendet), zum anderen scheint der Zylinder etwas "weiter weg" zu sein. Das verlängert natürlich auch nochmal den Pedalweg. Mir ist unklar, warum es da solche Unterschiede gibt.

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bic
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Re: W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

Beitrag von bic » Sonntag 10. März 2024, 14:02

Bob311 hat geschrieben:
Sonntag 10. März 2024, 11:41
... Zu Beginn war es so, dass der erste Tritt ins Bremspedal einen sehr langen Weg bis zum Druckpunkt hatte (aber dann auch normal bremste) und der zweite Tritt danach einen sehr guten, früheren Druckpunkt hatte...
Dies deutet auf ein defektes Bodenventil des HBZ hin. Die Bremsanlage des 311er benötigt einen Vordruck im System um allemöglichen Spiele auszugleichen und ein defektes Bodenventil verhindert, dass der Vordruck aufrecht erhalten bleibt. Macht aber nichts, ich fahre so schon seit mindestens 20 Jahren und habe mich daran gewöhnt, beim Start auch einmal die Bremse "vorzupumpen" :D
Jetzt habe ich einen neuen Hauptbremszylinder (HBZ) (Nachbau-Teil) verbaut und damit gleichzeitig die drei Gummi-Bremsschläuche erneuert. Der HBZ hatte definitiv einen Fehler, da die Manschette vom Stößel innen sehr nass war. Nach dem Einbau habe ich natürlich wieder entlüftet. Nun ist es so, dass der Druckpunkt immer an gleicher Stelle ist (gut!), aber der Pedalweg jetzt generell sehr lang ist und das Fahrzeug tendenziell schlechter bremst. Nun weiß ich nicht so richtig weiter.
Augenscheinlich hast du jetzt einen HBZ mit geringerem Durchmesser und damit verringerten Volumen eingebaut. Um mit diesem die gleiche Menge Bremsflüssigkeit zu verdrängen wie beim größerem HBZ, braucht es halt einen weiteren Weg - dafür verringern sich mit dem "dünnen" HBZ aber auch die notwendigen Pedalkräfte. Ich fahre auch so einen "dünnen" HBZ und freue mich über die geringen Pedalkräfte, welche das Bremsempfinden wie bei einem modernen Auto erscheinen lassen. Einziger Nachteil ist, dass man die Bremsbacken immer knapp eingestellt haben muss, an sonst reicht hier dann schnell der mögliche Pedalweg nicht mehr aus.
Was könnte das sein? Immer noch Luft im System?
Luft im Bremssystem ergibt immer ein federnde Pedaldruck. Hast Du jedoch einen festen Druckpunkt, ist auch keine Luft mehr im System.
Mir außerdem aufgefallen, dass bei offener Entlüfterschraube, der HBZ nach Betätigung gar nicht bzw. nur sehr langsam von alleine zurückkommt. Könnte das ein Indiz für ein Problem sein? Sind da nicht eigentlich Federn drin?
Ja, das ist eine Feder drin, welche natürlich nicht so kräftig ist, wie die Bremsbackenrückholfedern. Daher ist ein solches Verhalten normal, die Feder des HBZ muss ja auch ohne die Hilfe der Bremsbackenfedern ersteinmal den Druckverlust über dem Entlüfter überwinden. Schraubst du diesen weiter auf, sollte auch der HBZ schneller zurückkommen.
Ich habe sowohl mit Überdruck als auch mit Pumpen entlüftet. Jetzt habe ich gelesen, dass man dies in Kombination nicht tun soll. Auch scheint in der Netzcommunity unklar zu sein, ob nagelneue HBZ ein Durchdrücken des Pedals beim Entlüften überleben oder immer noch dadurch kaputt gehen können.
Beides Quark :D
Wie macht ihr das hinten? Um die Entlüfterschraube ist es so eng, dass ich die nicht mit einem Maulschlüssel aufbekomme? Gekröpfte Ringschlüssel habe ich nicht, aber irgendwie bezweifle ich auch, dass selbst die dahinpassen würden.
Ich nehme eine gekröpften Ringschlüssel, da wirst Du Dir wohl einen besorgen müssen. Original gab es eine speziellen Steckschlüssel, durch welchen der Schlauch hindurch lief:

Unbenannt.JPG

aber außer auf Bildern habe ich so ein Teil noch nie gesehen - was allerdings auch nichts heißen muss.
Weiteres Problem: Der initiale Weg, also das Spiel vom Pedal-Nullpunkt bis zum Anstoßen des HBZ-Zylinders ist beim Nachbauteil größer. Zum einen ist der Stößel ein Stück kürzer (ich habe dann den alten wiederverwendet), zum anderen scheint der Zylinder etwas "weiter weg" zu sein. Das verlängert natürlich auch nochmal den Pedalweg. Mir ist unklar, warum es da solche Unterschiede gibt.
Die "dicken" HBZ sind die vom 311er, dessen RBZ an der Vorderachse haben einen größeren Durchmesser als die vom 353er, welcher dann eben auch nur den "dünnen" HBZ besitzt. Die HBZ müssen übrigens nicht zwingend für den Wartburg sein, auch der B1000, der Multicar und selbst Hänger besassen solche. hierau erklären sich dann vielleicht auch die verschiedenen Längen der Stößel. An sonst - was meinst du mit "scheint der Zylinder etwas "weiter weg" zu sein" ? Der Montageflansch ist doch unverändert, vielleicht hat ja Dein Stößel noch zu viel Spiel?

Bob311
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Re: W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

Beitrag von Bob311 » Sonntag 10. März 2024, 14:46

Vielen Dank für deine Antwort!
Macht aber nichts, ich fahre so schon seit mindestens 20 Jahren und habe mich daran gewöhnt, beim Start auch einmal die Bremse "vorzupumpen" :D
Ne, das wäre ja so für mich okay gewesen. Aber ich musste das "Vorpumpen" alle paar Minuten wiederholen, also praktisch während der Fahrt vor jeder Bremsung, was natürlich nicht schön war.

Augenscheinlich hast du jetzt einen HBZ mit geringerem Durchmesser und damit verringerten Volumen eingebaut.
Okay, interessant. Die äußerlichen Abmessungen sahen sehr ähnlich aus. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass im Netz überall der gleiche Nachbau-HBZ angeboten wird (abgesehen von der Unterscheidung 1-Kreis vs. 2-Kreis). Hätte nicht gedacht, dass es solche Unterschiede gibt.
Mittlerweile habe ich rausgefunden, dass wohl zwischen Kolbendurchmesser 22,x und 25,4mm unterschieden wird. Die Nachbauten scheinen fast alle den kleineren zu haben. Vermutlich habe ich da jetzt unbewusst von 25 auf 22 gewechselt.

Update:
Ich hatte diesen gekauft. Laut Beschreibung mit 25mm. Das hätte doch dann der große sein müssen. Ich bin verunsichert. :shock:
Die HBZ müssen übrigens nicht zwingend für den Wartburg sein, auch der B1000, der Multicar und selbst Hänger besassen solche.
Ja, häufig werden bei so einem HBZ alle möglichen Fahrzeuge als passend aufgelistet. Der Kolbendurchmesser wird dann gar nicht erwähnt.
An sonst - was meinst du mit "scheint der Zylinder etwas "weiter weg" zu sein" ? Der Montageflansch ist doch unverändert, vielleicht hat ja Dein Stößel noch zu viel Spiel?
Der neue Stößel war definitiv ein Stück kürzer. Ich habe daher den alten wiederverwendet, und trotz dass ich das Einstellgewinde auf "maximale Länge" rausgedreht habe (was vorher nicht so war), hat sich das Initialspiel vergrößert. Daraus schließe ich, dass die Position, wo der Stößel im HBZ gegendrückt beim neuen HBZ weiter vorne (also weiter weg vom Pedal) sein muss.
Ich fahre auch so einen "dünnen" HBZ und freue mich über die geringen Pedalkräfte, welche das Bremsempfinden wie bei einem modernen Auto erscheinen lassen. Einziger Nachteil ist, dass man die Bremsbacken immer knapp eingestellt haben muss, an sonst reicht hier dann schnell der mögliche Pedalweg nicht mehr aus.
OK, daraus deute ich, dass ich nicht mehr mit Entlüften weiter experimentieren brauche, sondern die Bremsen nachstellen muss. Mir schien das unlogisch, weil sie vorher eben (nach dem ersten Tritt) gut zupackten.
Wobei ich nicht behaupten würde, dass ich jetzt weniger Pedalkraft aufwenden muss, aber durch den weiten Pedalweg kann das natürlich täuschen. Momentan schaffe ich kaum die Blockiergrenze. Das war vorher gar kein Thema. :wow:

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bic
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Re: W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

Beitrag von bic » Sonntag 10. März 2024, 17:38

Bob311 hat geschrieben:
Sonntag 10. März 2024, 14:46
...Aber ich musste das "Vorpumpen" alle paar Minuten wiederholen, also praktisch während der Fahrt vor jeder Bremsung, was natürlich nicht schön war...
Das geht natürlich gar nicht :( Bei mir sind es zwei/drei Tage bis die Situation eintritt.
Mittlerweile habe ich rausgefunden, dass wohl zwischen Kolbendurchmesser 22,x und 25,4mm unterschieden wird. Die Nachbauten scheinen fast alle den kleineren zu haben. Vermutlich habe ich da jetzt unbewusst von 25 auf 22 gewechselt.
Ich hatte ... diesen ... gekauft. Laut Beschreibung mit 25mm. Das hätte doch dann der große sein müssen. Ich bin verunsichert. :shock:
Da hätte nur ein Nachmessen geholfen - im eingebauten Zustand jetzt natürlich etwas schlecht :(
Der neue Stößel war definitiv ein Stück kürzer. Ich habe daher den alten wiederverwendet, und trotz dass ich das Einstellgewinde auf "maximale Länge" rausgedreht habe (was vorher nicht so war), hat sich das Initialspiel vergrößert. Daraus schließe ich, dass die Position, wo der Stößel im HBZ gegendrückt beim neuen HBZ weiter vorne (also weiter weg vom Pedal) sein muss.
Achso - glaube ich aber nicht. Ich nehme eher an, dass die Bohrung im Kolben tiefer/größer ist.
OK, daraus deute ich, dass ich nicht mehr mit Entlüften weiter experimentieren brauche, sondern die Bremsen nachstellen muss.
Jo :D

Aber warum überholst Du Deinen HBZ nicht selbst? Einen Reperatursatz gibt es bei Baller für € 23,91 - die Kupferdichtringe auch. Dann brauchst Du besser noch so eine Honahle (Zeigefinger geht aber auch :mrgreen: ), welche den 1" abdeckt (15-20€) und etwas Bremszylinderpaste und schon steht Deinem HBZ-Glück nichts im Weg.

Bob311
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Re: W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

Beitrag von Bob311 » Sonntag 10. März 2024, 18:14

Ich nehme eher an, dass die Bohrung im Kolben tiefer/größer ist.
Das wird es wahrscheinlich sein. Ich habe gerade nochmal genau geschaut und gemessen. Das initiale Spiel ist noch viel zu groß. Ich kann das Pedal (oben am Pedal gemessen) gute 3cm reindrücken, bevor der Stößel/Druckstange überhaupt den HBZ berührt. Dann noch der Weg der Bremsen selbst und dann ist das Pedal schon fast unten, ehe eine Bremswirkung überhaupt einsetzt.

Ich habe eben im Netz längere Druckstangen gefunden. Ich werde wohl eine bestellen und diese wechseln, das richtige Spiel einstellen und dann weitersehen. Ich möchte mir erstmal den erneuten HBZ-Wechsel mit Entlüften usw. ersparen.

Aber warum überholst Du Deinen HBZ nicht selbst? Einen Reperatursatz gibt es bei Baller für € 23,91 - die Kupferdichtringe auch. Dann brauchst Du besser noch so eine Honahle (Zeigefinger geht aber auch :mrgreen: ), welche den 1" abdeckt (15-20€) und etwas Bremszylinderpaste und schon steht Deinem HBZ-Glück nichts im Weg.
Den Rep.-Satz habe ich mittlerweile auch entdeckt. Hatte ich irgendwie nicht den Mut dafür. Wollte beim Aus-/Einbau das Neuteil daliegen haben. Beim nächsten Mal würde ich es wohl anders machen. So oder so, deine Antworten haben mir schon sehr beim Verstehen und bei der Fehlersuche weitergeholfen. :zwink:

Bob311
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Re: W311 Probleme beim Bremsen entlüften, langer Weg im Pedal

Beitrag von Bob311 » Samstag 16. März 2024, 16:59

Bob311 hat geschrieben:
Sonntag 10. März 2024, 18:14
Ich habe eben im Netz längere Druckstangen gefunden. Ich werde wohl eine bestellen und diese wechseln, das richtige Spiel einstellen und dann weitersehen. Ich möchte mir erstmal den erneuten HBZ-Wechsel mit Entlüften usw. ersparen.
Das hat tatsächlich geklappt. Neue, längere Druckstange eingebaut und Spiel möglichst minimal eingestellt. Jetzt hat die Bremse einen super Druckpunkt (und immer an derselben Stelle) und das Auto bremst wieder wie es soll. Vielen Dank nochmal für die Hilfe!

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