Historie Wartburg 1.3 bzgl Kostenexplosion
Verfasst: Samstag 18. November 2023, 11:18
Moin zusammen,
Mein Name ist Wolfram und bisher habe ich NOCH keinen Wartburg gehabt, aber bin ein großer Fan!
Mein Anliegen ist folgendes:
Schon länger beschäftigt mich die Technik und Geschichte des 1.3 und mir sind in der offiziellen Version ein paar Ungereimtheiten aufgefallen:
Ende der 70er Jahre gab es aufgrund des maroden Zustandes des Wartburg Werkes eine Besichtigung von einer Delegation der Regierung.
Man kam zur Erkenntnis, dass 4-5 Milliarden Ostmark zur Sanierung nötig gewesen wären.
Aufgrund der wirtschaftlichen Lage wurde die Sanierung nicht realisiert.
Als wenige Jahre später der Beschluss kam, dass der nun in Karl-Marx-Stadt gefertigte VW-Motor in den Wartburg muss, obwohl zwischenzeitlich ein eigener Viertakter entwickelt wurde, war der Frust in der Werksleitung immens.
Bei genauerer Betrachtung wirkt die Umgestaltung des Wagens - Stichwort: Quereinbau - wie eine verkappte Teilsanierung des Werkes.
Der Quereinbau wurde tatsächlich von der Regierung genehmigt, da das AWE folgende Begründungen für die Notwendigkeit vorlegte:
1. Die Ästhetik des Wagens würde durch den größeren vorderen Überhang leiden.
2. Das Motorenwerk gab den Quereinbau aus technischen Gründen vor.
3. Die Fahreigenschaften würden unter der geänderten Gewichtsverteilung leiden.
Dazu fiel mir auf:
Zu 1. Es gab nur einen Prototyp mit längs eingebaut en VW Motor und der Einbau erfolgte bei VW - ohne technische Einwände- an das Wartburg 353 Getriebe.
Vermutlich war da eine Adapterplatte dazwischen, sonst hätte das Aggregat nicht gepasst.
Das macht mindestens 25 mm zusätzlich.
Zur Ästhetik an sich: Audi Modelle und auch der Passat bis 88 hatten sogar Reihenfünfzylinder längs und einen viel längeren Überhang. Das Design des Wartburg war ohnehin aus den 60ern.
2. Die Vorgaben aus dem Motorenwerk in Karl-Marx-Stadt machen keinen Sinn, wenn vom Entwickler Volkswagen selbst keine Einwände kamen und in jenem Barkas Werk im B 1000-1 am Längseinbau festgehalten wurde.
3. Die Gewichtsverteilung wird so ungünstig nicht gewesen sein.
Das Getriebe lag immer noch hinter der Vorderachse.
Die Investitionen um die Umgestaltung für den Quereinbau zu realisieren, lagen am Ende bei 7,8 Milliarden Ostmark und die technischen Änderungen sind insgesamt geringer als jene, die für den Einbau des kleineren VW Motor in den Trabant vorgenommen wurden.
Der Preisanstieg durch die Kostenexplosion des Wartburg betrug ca 12.000 Ostmark, während der des Trabant 1.1 inklusive neuer Vorderachse ( die eine geänderte Kräfteeinleitung in die Karosserie erforderte), neuem Tank plus Benzinpumpe, neuer Bremsanlage und Radnaben etc "gerade mal" ca 6000 Ostmark- also etwa die Hälfte - betrug.
Auch der Sprung vom luftgekühlten 2 Zylinder zum VW Aggregat ist größer als der vom wassergekühltem 3 Zylinder des 353W.
Ich vermute dass der enorme Preisanstieg, welcher sicherlich in Berlin entschieden wurde, den Ingenieuren und der Leitung in Eisenach sehr unangenehm ist, weshalb die Geschichtserzählung manches auslässt.
Schließlich war der Wartburg 1.3 für viele nahezu unbezahlbar.
Der Leiter des AWE Museum in Eisenach war übrigens bis zur Wende als Ingenieur für die Maschinen im AWE zuständig.
Das ergibt ja doch ein auffällig stimmiges Gesamtbild?
Das wollte ich unbedingt mal loswerden:-)
Ich freue mich über freundliche Rückmeldungen..
Gruß aus Erfurt
Wolfram
Mein Name ist Wolfram und bisher habe ich NOCH keinen Wartburg gehabt, aber bin ein großer Fan!
Mein Anliegen ist folgendes:
Schon länger beschäftigt mich die Technik und Geschichte des 1.3 und mir sind in der offiziellen Version ein paar Ungereimtheiten aufgefallen:
Ende der 70er Jahre gab es aufgrund des maroden Zustandes des Wartburg Werkes eine Besichtigung von einer Delegation der Regierung.
Man kam zur Erkenntnis, dass 4-5 Milliarden Ostmark zur Sanierung nötig gewesen wären.
Aufgrund der wirtschaftlichen Lage wurde die Sanierung nicht realisiert.
Als wenige Jahre später der Beschluss kam, dass der nun in Karl-Marx-Stadt gefertigte VW-Motor in den Wartburg muss, obwohl zwischenzeitlich ein eigener Viertakter entwickelt wurde, war der Frust in der Werksleitung immens.
Bei genauerer Betrachtung wirkt die Umgestaltung des Wagens - Stichwort: Quereinbau - wie eine verkappte Teilsanierung des Werkes.
Der Quereinbau wurde tatsächlich von der Regierung genehmigt, da das AWE folgende Begründungen für die Notwendigkeit vorlegte:
1. Die Ästhetik des Wagens würde durch den größeren vorderen Überhang leiden.
2. Das Motorenwerk gab den Quereinbau aus technischen Gründen vor.
3. Die Fahreigenschaften würden unter der geänderten Gewichtsverteilung leiden.
Dazu fiel mir auf:
Zu 1. Es gab nur einen Prototyp mit längs eingebaut en VW Motor und der Einbau erfolgte bei VW - ohne technische Einwände- an das Wartburg 353 Getriebe.
Vermutlich war da eine Adapterplatte dazwischen, sonst hätte das Aggregat nicht gepasst.
Das macht mindestens 25 mm zusätzlich.
Zur Ästhetik an sich: Audi Modelle und auch der Passat bis 88 hatten sogar Reihenfünfzylinder längs und einen viel längeren Überhang. Das Design des Wartburg war ohnehin aus den 60ern.
2. Die Vorgaben aus dem Motorenwerk in Karl-Marx-Stadt machen keinen Sinn, wenn vom Entwickler Volkswagen selbst keine Einwände kamen und in jenem Barkas Werk im B 1000-1 am Längseinbau festgehalten wurde.
3. Die Gewichtsverteilung wird so ungünstig nicht gewesen sein.
Das Getriebe lag immer noch hinter der Vorderachse.
Die Investitionen um die Umgestaltung für den Quereinbau zu realisieren, lagen am Ende bei 7,8 Milliarden Ostmark und die technischen Änderungen sind insgesamt geringer als jene, die für den Einbau des kleineren VW Motor in den Trabant vorgenommen wurden.
Der Preisanstieg durch die Kostenexplosion des Wartburg betrug ca 12.000 Ostmark, während der des Trabant 1.1 inklusive neuer Vorderachse ( die eine geänderte Kräfteeinleitung in die Karosserie erforderte), neuem Tank plus Benzinpumpe, neuer Bremsanlage und Radnaben etc "gerade mal" ca 6000 Ostmark- also etwa die Hälfte - betrug.
Auch der Sprung vom luftgekühlten 2 Zylinder zum VW Aggregat ist größer als der vom wassergekühltem 3 Zylinder des 353W.
Ich vermute dass der enorme Preisanstieg, welcher sicherlich in Berlin entschieden wurde, den Ingenieuren und der Leitung in Eisenach sehr unangenehm ist, weshalb die Geschichtserzählung manches auslässt.
Schließlich war der Wartburg 1.3 für viele nahezu unbezahlbar.
Der Leiter des AWE Museum in Eisenach war übrigens bis zur Wende als Ingenieur für die Maschinen im AWE zuständig.
Das ergibt ja doch ein auffällig stimmiges Gesamtbild?
Das wollte ich unbedingt mal loswerden:-)
Ich freue mich über freundliche Rückmeldungen..
Gruß aus Erfurt
Wolfram