Re: Wartburg springt im heißen Zustand nicht mehr an
Verfasst: Montag 27. Mai 2024, 11:25
				
				Volle Zustimmung - was den Artikel betrifft. Der (er)klärt nämlich null komm nix, was das eigentliche Problem betrifft. Denn was nützt ein Gasabscheider in der Kraftsstoffleitung, wenn die Schwierigkeit im Vergaser zu suchen ist? Ein Förderhindernis durch Gasblasen im Leitungssystem hat nun überhaupt nichts mit den benannten und bekannten Warmstartärgernis zu tun, sondern führt allenfalls zu Problemen während des Betriebs (daher auch der dargestellte Vorschlag mit eine elektr. Benzpumpe in Tanknähe und Rücklaufleitung zum Tank).TomDeLuxe hat geschrieben: ↑Freitag 24. Mai 2024, 12:15Hier eine gute Erklärung zum Phänomen:
aus https://www.oldtimer-markt.de/warmstart
Alles nur heiße Luft
Recht hat der Artikel jedoch damit, möglichst zu vermeiden, dass der Vergaser übermäßig aufgeheizt wird. Allerdings wird der Zusammenhang mit den Warmstartproblem nicht wirklich erklärt und lediglich gemunkelt, dies wäre "eine Folge der Veränderungen der aktuellen Kraftstoffqualität". Außerdem ist die Schlußfolgerung schlicht falsch, das früher von den Konstrukteuren ein Beheizung des Vergaser "sogar beabsichtigt war, denn das gezielte Anwärmen des Vergasers verhindert ein Vereisen bei feuchtkühler Witterung und verkürzt die Warmlaufphase".
Davon einmal abgesehen, dass man dies auch später noch auf die eine oder andere Art und Weise gemacht hat (z.B. Heizigel bei VW und mit Kühlwasser beheizter Ansaugflansch beim Wartburg), ist Sinn und Zweck dieser Beheizung zu vermeiden, dass allzuviel Kraftstoff an den kalten Wänden des Ansaugtrackts ausfällt (kondensiert) und dadurch das Gemisch während der Start- und Warmlaufphase zu mager wird. Wer es nicht glaubt --> siehe u.a. bei Lenz - Gemischbildung bei Ottomotoren - Ausführung der Saugrohre:
Der im Artikel benannte Schutz bzgl. einer Vergaservereisung ist also lediglich ein angenehmer Nebeneffekt.
Was nun aber die im Artikel nicht beschriebene "Folge der Veränderungen der aktuellen Kraftstoffqualität" betrifft, ist, bzw. kann diese tatsächlich die Ursache für die Warmstartprobleme sein. Ottokraftstoff war schon immer und wohl schon seit Bertha Benz Zeiten ein Stoffgemisch mit keinem fixen Siedepunkt sondern einem Siedebereich entsprechend den unterschiedlichsten Sprit-Bestandteilen. Bei aktuellen Kraftstoffen liegt dieser Bereich bei ca. 25/30 Grd. (durch die Alkoholbeimischung) bis über 210 Grd. hinaus (in diesem Bereich gehen die verschiedensten Kohlenwasserstoffe, aus welchen der Ottokraftstoff besteht, in die Dampfphase über) und damit z.T. niedriger als zu Zeiten ohne Alkoholanteil (wobei dies auch nicht so ganz stimmt, denn der wurde schon früher zusgesetzt, siehe z.B. hier.)
Da es nun beim Sieden des Kraftstoffs schon vor dem völligen Übergang zur Dampfphase zu einer Volumenvergrößerung der (noch) Flüssigkeit kommt, führt diese zu einer Erhöhung des Kraftstoffspiegel in der Schwimmerkammer des Vergaser. Da der Kraftstoffspiegel im Normalfall ein gut Stück unter dem Mischrohr liegt, bewirkt die Erhöhung sodann, dass der Kraftstoff über das Mischrohr in den Vergaser, respektive Ansaugtrakt läuft. Dies erfolgt je eher, je niedriger der Siedepunkt des Kraftsstoffs (bzw. seiner Bestandteile) liegt, zumal die niedrigen Siedetemperaturen konstruktiv bei den betroffenen Vergasern nicht berücksichtigt sind.
Jedenfalls bewirkt der sodann über das Mischrohr in den Vergaser/Ansaugtrakt gelaufene Kraftstoff eine völlige Überfettung und damit Zündunfähigkeit des Ansauggemischs und stellt die Ursache für die Warmstartprobleme dar. Erst dann, wenn der Kraftstoffspiegel in der Schwimmerkammer wieder auf das Normalmaß oder darunter gesunken ist und kein Kraftstoff mehr über das Mischrohr in den Vergaser läuft ist eine Startversuch mit genügend frischer Luft und damit erreichbarer Abmagerung erfolgreich.
Dass das Problem kein grundsätzlich neues ist, zeigen z.B. auch alte Vergaserkonstruktionen. So hatte ursprünglich der BVF-Flachstromvergaser H362 extra eine Warmstartvorrichtung:
und auch Solex baute so etwas:
Ergo - das einzige was uns heute vor den Warmstartproblemen schützen wird, ist alkoholfreien Kraftsstoff zu tanken und/oder den Vergaser kühl zu halten, wie immer man das auch machen will.
Und an sonst zeigt uns der Artikel aus dem Oldtimer-Markt deutlich, dass dessen Schreiberling genau so viel Ahnung von Vergasern und Gemischbildung bei Ottomotoren hat, wie eine Kuh vom Tanzen.